Oswiecim

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Oswiecim, das wird erst einmal niemand etwas sagen. Eigentlich müsste auf das s noch ein Strich und unter das e ein Häkchen, so wie auf der Abbildung, das lässt mein Zeichensatz im WordPress aber (noch) nicht zu.
Oswiecim ist der Name einer Stadt in Kleinpolen, 20km südöstlich von Katowice gelegen, die auch unter Auschwitz bekannt geworden ist. Das kennt nun widerum jeder von euch. Heute, am 20.06.2014 waren wir dort. Meine ersten Eindrücke kann ich hier schon einmal wiedergeben.

Also Auschwitz, das kennt man schon aus der Schule, das muss ein gottverlassener Ort sein, schwarz-weiss, dunkel und kalt. So hat man es aus der Schilderung der Geschichtslehrer, bei mir war das Herr Beuster, der Rektor der Schule selbst, in Erinnerung. Ist es einen Tag vor Sommeranfang aber nicht. Alles ist grün, warm, die Sonne scheint. Die Stadt und die Gedenkstätte liegen inmitten einer guten Infrastruktur. Um das Stammlager herum hat sich die Stadt entwickelt, es gibt Supermärkte, Tankstellen, alles was man so braucht. Die Parkplätze werden von Menschen bewacht, die fürs Parken 8 Zloty, also ca. 2EUR verlangen. Man besucht das KZ-Museum, oder wie es offiziell heißt, Muzeum Auschwitz-Birkenau, in kurzen Hosen, in pre-destroyed Jeans und crogs. Es kostet 40 Zloty Eintritt, das sind 10 EUR, pro Person. Man erschrickt unwillkürlich, das ist ja für polnische Verhältnisse viel Geld. Für Momente gehen einem Gedanken durch den Kopf wie, wird hier mit dem Holocaust auch noch Geld verdient? Aber im Verlaufe des Nachmittags wird klar, das muss ja alles unterhalten werden, die Führungen müssen organisiert werden, und wer soll es sonst bezahlen als der Besucher selbst?

Führungen werden in allen Sprachen angeboten, Favoriten sind Polnisch, Deutsch und Englisch. Unsere Führung beginnt um 1230, es sind sehr viele Teilnehmer. Sie werden in zwei Gruppen aufgeteilt, eine ältere Dame mit roten Haaren zieht die Hälfte der Personen zu sich rüber, ich überrede meine Frau auch zu ihr zu gehen. Ein Glücksfall, die Führerin ist die stellvertretende Leiterin der Gedenkstätte, Frau Krystyna Oleksy. Sie spricht fliessend deutsch, die Führung im Stammlager ist mit elektronischer Verstärkung, das ist auch nötig, wir sind in der Rushhour, die Gruppen stehen dicht an dicht.

Es geht los, die Unterschiede zwischen Auschwitz als Konzentrationslager und als Vernichtungslager erklärt sie uns, wir besuchen die Blöcke im Stammlager und das Krematorium. Wir sehen den Block 11 in dem schon Pater Maksymilian Kolbe gestorben ist, nachdem er sich für einen zum Tode verurteilten Familienvater hat in den Hungerbunker einsperren lassen. Die Stehzellen in die vier Mann durch eine kleine Tür in eine 90*90cm gr0ße Zelle kriechen und dort die Nacht stehend verbringen, immer in der Gefahr zu ersticken. Die Dunkelzellen im Block 11, die Erschiessungswand zwischen Block 10 und 11. Man saugt die Bilder auf und liest es abends dann im Internet auf den diversen Seiten noch einmal nach.

Nach dem Stammlager gibt man am Eingang das headset wieder ab und fährt mit dem Bus zum Lager Birkenau. Das liegt dann schon eher am Waldrand und etwas abgelegen. Nachdem man sich orientiert hat geht die Führung weiter, und zwar den Weg, den der größte Teil der Neuankömmlinge auch gegangen ist, ins Gas. Der Weg ist recht leicht zu beschreiben. Aus dem Viehwaggon auf der Rampe aussteigen zur Selektion, wer noch arbeiten kann, das ist rund ein Viertel der Neuankömmlinge, in die Unterkünfte, wobei Unterkunft die Baracke noch vornehm umschreibt. Alle anderen gehen über eine breite Straße direkt zur unterirdischen Entkleidungskammer, dann ins Gas. Die Körper werden einen Stock höher im Krematorium verbrannt. Entkleidungskammer, Gaskammer und Krematorium sind nur noch Ruinen, aber die Todesmaschinerie ist deutlich erkennbar. Von der Ankunft bis zum Sterben vergehen da möglicherweise nur 1-2 Stunden.

Zum Abschluss des Tages besucht man noch zwei Baracken am Eingang von Birkenau, eine Männerbaracke und die Sanitärbaracke. Wenn man sich 70 Jahre zurückversetzt und vorstellt, wie entwürdigend das Leben war, wenn man dort nur versucht hat, zu überleben.

Wir kletterten dann als letztes noch einmal das Wachgebäude hoch, in den Turm. Dort machte ich das nachfolgende Bild von der Rampe. Das ist vermutlich schon x-mal veröffentlich worden, 1,5 Millionen Besucher machen ja auch mindestens ebensoviele Fotos, aber trotzdem. Den Rest zeige ich nach Bedarf.

Unser Dank geht an Pani Oleksy für die Führung und die Beantwortung unserer Fragen. updates folgen.

update vom 21.06.2014: Ich habe in der Nacht schlecht geschlafen. Immer wieder gehen mir die Bilder mit der engen Stehzelle durch den Kopf, der Gedanke, dort hineinzumüssen, lässt mich lange nicht einschlafen. Ich weiss, eine solche Angst ist völlig unbegründet, aber ich kann das in der Nacht nicht abstellen.

 

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